Page 30 - Auction Team Breker | Wissenschaft & Technik, Büro-Antik, Spielzeug | 30. Mai 2015
P. 30
20: Rechenmaschine von Uhrmacher Pierre Fardoil, um 1700 € 10.000,-
Sehr frühe Astrolab-förmige Rechenmaschine für Addi- tion und Subtraktion von 0-100. Die Maschine ist si- gniert: "Pierre Fardoil À Paris" und ist handgefertigt aus Messing und Stahl, 14 cm hoch, und in funktionstüchti- gem Zustand. Fardoil's Beitrag zur Entwicklung der mechanischen Rechenmaschine ist die Einführung eines Mechanismus, der das Ablesen des Resultates ermög- lichte, also ohne bis dahin übliches Abzählen der Teil- striche entlang einer Scheibe. – Fardoil bewerkstelligte dies mit einem Planeten-Getriebe, das ein Überset- zungs-Verhältnis von 1/10 aufweist. Dieses Planeten- Getriebe treibt zwei runde Scheiben an, die sich unter- halb von zwei stationären Zeigern befinden: Eine für die Anzeige der ersten Stelle des Resultates für die Addition und eine für die erste Stelle für die Subtraktion. Auf diese einfache Art gelang Fardoil das Ablesen seiner Maschine im Bereich von 0-100, ohne daß diese kleine Maschine einen Mechanismus für den Zehnerübertrag benötigte. Anders als die zeitlich früheren Maschinen von Schickard, Leibniz, Pascal, Grillet u.a. war Fardoil's Maschine sehr klein und flach und passte dadurch in jede Rocktasche. Reste von Silber deuten darauf hin, daß die Maschine ursprünglich versilbert war. Eine Rechenanleitung (dt. und engl.) ist dabei. – Rechenma- schinen, die vor der Massenfabrikation, die um 1875 einsetzte, von Hand gefertigt wurden, sind äußerst sel- ten; es sind nur weniger als zehn andere Rechenmaschi- nen-Modelle bekannt, die vor 1700 gebaut wurden. Um dies zeitlich zu veranschaulichen, muss man sich be- wusst machen, daß Pierre Fardoil seine Rechenmaschi- ne rd. 80 Jahre vor der Französischen Revolution er- fand. König Louis XVI, der durch die Guillotine im Jahr 1793 seinen Kopf verlor, war noch nicht einmal gebo- ren, als Fardoil diese Maschine baute. Louis XVI wurde erst 50 Jahre später, im Jahre 1754, geboren! – Uhren dagegen wurden bereits in großen Stückzahlen herge- stellt, da man das Bedürfnis hatte, die genaue Zeit zu wissen und gerade Taschenuhren um 1700 ein echtes Status-Symbol waren. – Die Fardoil's waren eine fran- zösische Uhrmacher-Dynastie. Pierre Fardoil war einer der Söhne von Pierre Fardoil Senior von Blois, der im Jahre 1669 starb; er wurde 1684 Uhrmachermeister. Er war Hugenotte und floh wegen religiöser Verfolgung nach London, wo er als Peter Fardoil arbeitete. – Durch den Widerruf des Erlasses von Nantes im Jahr 1685 durch Louis XIV verloren die Hugenotten, die vorwie- gend protestantisch waren, ihre zivilen Rechte. Um ca. 1700 kehrte Fardoil nach Frankreich zurück und war am Place Dauphine in Paris als Hof-Uhrmacher (maitre horloger du Grand Conseil du Roy) für den Königshof tätig. Er starb im Jahr 1722. Neben zahlreichen anderen Erfindungen erfand Fardoil einen Teilungsapparat, um Zahnräder mit 102-800 Zähnen herzustellen, baute eine Astronomische Pendule für Louis XV, "Le Grand Dau- phine", und fertigte zahlreiche Taschenuhren an, die sich durch spezielle Besonderheiten auszeichneten.
Diese Raritäten sind in mehreren Museen zu finden, so im "Musée de l'Observatoire", "Musée des Arts et Me- tiers", beide in Paris, im schweizerischen "Musée Inter- national d'Horlogerie La Chaux-de-Fonds" und im "Science Museum, London", das eine Taschenuhr in seiner Sammlung hat, die exakt datiert ist mit 1700. – Literatur: "Thiout's Traité d'Horlogerie", Paris, 1741, S. 55, Tafel 23". Charles Holzapfel, "Turning and Me- chanical Manipulations", Vol. II, 1856, S. 639. Robin Gwynn. "Huguenot Heritage: The History and Contribu- tion of the Huguenots in Britain." – Es ist nur noch ein zweites Exemplar der "Fardoil'schen Rechenmaschine" bekannt, die im Jahre 1866 von der französischen "Aca- démie des Sciences" dem "Musée des Arts et Metiers" in Paris übergeben wurde. Dieses zweite Exemplar ist jedoch zur Zeit nicht auffindbar. Die letzten Aufzeich- nungen des "Musée des Arts et Metiers" gehen bis 1942 zurück. Die Fardoil Maschine war hier mit der Ref. Nr. 7477 inventarisiert als: "Cadran pour faire les additions et les soustractions, par P. Fardoil (1720)". – Dies hier von uns angebotene Exemplar ist womöglich die einzige Rechenmaschine von Fardoil und damit eine absolute Rarität von hoher Museumsqualität und ein fantastisches Exponat in jeder Sammlung und Aus- stellung!
Taschenuhr von "Pierre Fardoil", um 1710. – Im gleichen Lot bieten wir diese seltene Taschenuhr vom gleichen Hersteller an, bezeichnet: "P. Fardoil à Paris". – Es ist eine Ein-Zeiger-Oignon-Spindelsackuhr mit feuervergoldetem Gehäuse und hochgezogenem Rand, außen mit geschliffenem Rochenleder (Galuchat) deko- riert, gewölbtes Glas; Emaille-Zifferblatt mit römischen Zahlen und Viertelstundeneinteilung, lanzenförmiger Stahlzeiger, feuervergoldetes Vollplatinenwerk, gesägte und mit Rankenmustern verzierte Spindelbrücke, ägyp- tische Säulen, Gangregulierung über gebläute Rechen, Antrieb über Feder, Kette und Schnecke, Aufzug über Vierkant im Zentrum des Zeigers. Maße: Höhe 39 mm, Ø 66 mm. Funktionierender Zustand! Mit Schlüssel. – Fardoil gilt als erster Uhrmacher, der ganze Ziffer- blätter aus Emaille fertigte!
The Adding Machine of Pierre Fardoil, c. 1700
Very early machine for adding and subtracting numbers from 0-100 in the shape of an astrolabe. The machine - signed "Pierre Fardoil à Paris - is hand-crafted in steel and brass, measures 5-1/2 inches in height and is in perfect working condition. Traces of silver indicate that this fine instrument was originally silver-plated. – Far- doil's contribution to the development of mechanical calculating devices is the introduction of his mechanism which enables the operator to read the result without counting the dividing marks on a circular scale of a disc shaped adding machine. Fardoil achieved this im- provement by utilizing a planetary gear turning two round scales underneath two stationary hands ten times over the entire range of the calculator. The two scales show the numbers from 0–9 for additions and for sub- tractions respectively. This simple use of a planetary gear enabled Fardoil to provide a read-out in the range of 0–100 without the need of a carry-over from 9 to 10, 20, 30, etc. – Unlike the very early calculators by


































































































   28   29   30   31   32